Verein "Erdgastrasse" e.V. Regis-Breitingen: PRESSESTIMMEN

"LEIPZIGER VOLKSZEITUNG" vom 21. Mai 2002, Seite 25 und 26

Autorin: Kathrin Haase

LVZ vom 26.3.2002



Textauszug:



© Leipziger Volkszeitung vom Dienstag, 21. Mai 2002

Tränen des Glücks und eine vorgezogene Hochzeitsnacht


Deutzen. "Fast wie ein Klassentreffen, nur viel besser", so sah Matthias Goldberg aus Leipzig das Trassentreffen am Wochenende in Deutzen. Der Leipziger war einer von fast 1200 Gästen, die drei Tage lang feucht-fröhlich Wiedersehen feierten. Den Autokennzeichen nach zu urteilen kam ein Großteil aus Berlin, Hamburg, Hannover und dem Vogtland. Die weiteste Anreise hatte ein ehemaliger Trassenarbeiter aus Polen.

Von 1984 bis 1986 arbeitete Matthias Goldberg als Fernfahrer in Perm, kurz vor dem Ural. "Das war ne harte, aber schöne Zeit", erinnert sich der Familienvater, der heute im Wohnungsbau tätig ist. "Wir waren früher eine eingeschworene Gemeinschaft. Diesen Zusammenhalt kennt man heute gar nicht mehr". Zum Trassentreffen nutzte der 41-Jährige deshalb die Gelegenheit, alte Arbeitskollegen und Freunde wiederzusehen. "Der Freitagabend war schon gut besucht", so Goldberg mit Tränen der Rührung in den Augen. "Aber heute Abend wird der absolute Wahnsinn."

Etwas gediegener ließ es Wolfgang, 49, aus Altenburg angehen. Er war am Sonnabend mit seiner Frau angereist, um sich "umzugucken und vielleicht alte Kollegen zu treffen." Nach längerem Suchen entdeckte er drei von ihnen. Wolfgang war von 1986 bis 1988 in Berjo und Kungur als Autokranfahrer tätig. "Es war nicht immer rosig dort unten, überall Schlamm und Dreck. Wir wurden mit Konserven versorgt und mussten auf Arbeit richtig ranklotzen. Die Schichten gingen von 6 bis 18 Uhr und von 18 bis 6 Uhr." Um sich den Aufenthalt in der Fremde zu erleichtern, entwickelten sich tiefe Freundschaften unter den Trassenarbeitern, die in gemütlichen Kartenspiel-Abenden und Bergfesten mündeten. "Klar wurde dort gern getrunken", räumt der Altenburger ein, "aber ich habe mich meistens rausgehalten. Ich war dort, um Geld zu verdienen, und nicht, um es auszugeben."

Hunderte ähnliche Geschichten wurden beim Trassentreffen am Wochenende ausgetauscht. Ehemalige Kollegen lagen sich in den Armen, tauschten Adressen aus und zeigten Fotos von früher und heute. "Wir sind wie eine große Familie", erklärt Matthias Schwirz vom Regiser Verein "Erdgastrasse", der die Veranstaltung zum dritten Mal organisiert hat. "Langsam scheint uns die Sache über den Kopf zu wachsen, es werden von Mal zu Mal mehr." Der Freitagabend verging im Nu mit Diskothek und allgemeiner Begrüßung. Wer von weither anreiste, zeltete auf dem benachbarten Sportplatz und feierte dort seine ganz private Wiedersehensparty.

Am Sonnabend ging im Kulturpark so richtig die Post ab. Abends spielte die Kultband "Petschmener"; ein Lagerfeuer wurde angezündet und bis in die Nacht hinein getanzt, gefeiert und geredet. Ein Novum hatte das Trassentreffen auch zu bieten. Am Vormittag vermählten sich im Kulturpark zwei ehemalige Trassenarbeiter: Marion (im scharzen Minirock) und Olaf Bussler (ganz in Leder) aus Suhl. Unter freiem Himmel gaben sie sich vor der Bornaer Standesbeamtin das Ja-Wort. Am Nachmittag war das Brautpaar für ein Interview leider nicht zu sprechen. "Die sind im Bett", sagt Sabine Ortleb aus Gotha, eine Freundin der Familie. "Hochzeitsnacht vorziehen."

Kathrin Haase





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© Sigrid und Matthias Schwirz, Wolfram Lenk