Verein "Erdgastrasse" e.V. Regis-Breitingen: PRESSESTIMMEN

"LEIPZIGER VOLKSZEITUNG" vom 26. März 2002, Seite 1 und 22

Autorin: Kathrin Haase

LVZ vom 26.3.2002



Textauszug:



Trassenarbeiter treffen sich in Deutzen

Regis-Breitingen (Eig. Ber.).

"Erdgastrasse" heißt ein Verein, in dem sich seit November Leute zusammengeschlossen haben, die in der Zeit von 1982 bis 1990 beim Bau der Energieleitung in der Sowjetunion mitgearbeitet haben. Zu Pfingsten ist ein großes Treffen im Kulturpark in Deutzen geplant. Dabei rechnen die Veranstalter mit 800 bis 1000 Gästen aus allen Teilen Deutschlands. Erwartet wird auch die Gruppe "Petschmener", die bereits zu sozialistischen Zeiten unter den Trassenarbeitern Kultstatus genoss.

Seite 22







Textauszug:



Trassenverein arbeitet einen

Teil DDR-Geschichte auf

Verein "Erdgastrasse" in Regis-Breitingen ansässig / 3. Trassentreffen in Deutzen

Regis-Breitingen / Deutzen.

Seit November gibt es einen Verein in Regis-Breitingen, dessen Mitglieder DDR-Geschichte geschrieben haben. Der Verein heißt "Erdgastrasse" e.V. und ist ein Bündnis ehemaliger Trassenarbeiter, die von 1982 bis 1990 beim Bau der Erdgastrasse in der UdSSR mitgeholfen haben. Für Pfingsten 2002 bereitet die Vereinsspitze im Kulturpark Deutzen ein großes Treffen vor. Die Veranstalter rechnen mit 800 bis 1000 Gästen aus ganz Deutschland.

Sigrid Schwirz muss in der heißen Phase vor dem Fest mindestens an drei Sachen gleichzeitig denken, "Vom Klopapier bis zum Pflaster darf nichts fehlen", umreißt die Vereinsvorsitzende den Wust an Arbeit, der noch vor ihr liegt. In diesem Jahr wird das Wiedersehen sogar eine Spur größer ausfallen als sonst, denn es steht das Jubiläum "20 Jahre Erdgastrasse" ins Haus. "Wir erwarten bis zu 1000 Gäste", freut sich die gelernte Sekretärin und ehemalige Trassenarbeiterin.

Am 18. und 19. Mai steigt das Fest im Kulturpark Deutzen. Einige Familien reisen zwei Tage vorher an und feiern ihre ganz private Wiedersehensparty. Am Lagerfeuer werden Erinnerungen ausgetauscht, Fotos gezeigt, Familien vorgestellt, Freundschaften aufgefrischt, Geschichten erzählt. Ein Pärchen will hier sogar heiraten.

Kultband "Petschmener" tritt auf

Ein Höhepunkt des dritten Trassentreffens wird aber zweifellos der Auftritt der Band "Petschmener" sein, die schon auf der Baustelle Kult war. Ferner reist der Weimarer Rhino-Verlag an und präsentiert das jüngste Buch des ehemaligen Trassenkumpels Torsten Keiling: "Perm - das weite Land".

"Wir haben uns auch mit den örtlichen Vereinen in Verbindung gesetzt und durchaus gute Resonanz bekommen", berichtet Sigrid Schwirz unserer Zeitung. So wird zum Beispiel der Schützenverein Regis-Breitingen beim Zeltaufbau helfen und einen Schießstand für Kinder und Erwachsene betreuen. Der Deutzener Verein Pro Regio übernimmt für einen geringen Unkostenbeitrag die Kinderbetreuung. Dazu Sigrid Schwirz: "Für unsere Trassenkids haben wir übrigens den gesamten Kulturpark gemietet, einschließlich eines Abenteuerspielplatzes. Am Sonnabend gibt es hier ein ganztägiges Kinderfest mit Basteln, Holzarbeiten, Großraumspielen, Hüpfburg und Weidenflechten. Und am Sonntagvormittag veranstalten wir ein Indianerfest. Sollte schlechtes Wetter sein, können sich die Kinder in das Veranstaltungshaus oder in die Bibliothek zurückziehen und Tischtennis, Dart, Billard oder Computer spielen."

Für die Erwachsenen gibt es am Sonntag ein Katerfrühstück sowie einen musikalischen Frühschoppen mit den "Happy Singers" und Mittagessen. Am Nachmittag tragen die Trassenmänner ein Fußballspiel aus.

Veranstaltung ist offen für alle

"Unsere Veranstaltung ist aber nicht nur für ehemalige Trassenarbeiter gedacht, sondern für alle offen", erklärt die Vereinsvorsitzende in aller Deutlichkeit. "Wer Pfingsten Lust und Zeit hat, mit uns zu feiern, kann das gerne tun." Für die kulinarische Versorgung ist an beiden Tagen der Partyservice Michael Krug aus Zwickau zuständig.

"Ich freue mich schon riesig darauf", gibt Sigrid Schwirz zu, die ihre Kraft und ihren Mut aus den beiden vorangegangenen Trassentreffen schöpft. "Die Leute waren alle begeistert", erinnert sich die Regiserin an die erste Veranstaltung 1998 in Dingsleben bei Hildburghausen. "Als die Feier zu Ende war, sagten alle Gäste zum Abschluss 'Tschüss, und bis zum nächsten Mal'. Da blieb uns erst mal der Mund offen stehen, denn so weit hatten wir gar nicht gedacht. Mittlerweile ist unser Verein aber richtig zum Anlaufpunkt geworden.

Eine verschworene Gemeinschaft

Ständig rufen Leute bei uns an, wollen Adressen von ehemaligen Kollegen in Erfahrung bringen oder brauchen unseren Rat beim Ausfüllen von Rentenanträgen. Viele Menschen, die ich teilweise gar nicht kenne, erzählen mir ihre Geschichten, die sie auf der Baustelle erlebt haben. Hier merkt man richtig, dass uns etwas Einmaliges verbindet: das monatelange Zusammenarbeiten und auf engstem Raum Zusammenleben. An der Tasse waren wir eine verschworene Gemeinschaft. Das ist vielleicht das, was uns heutzutage fehlt. Viele Menschen sind Einzelkämpfer gewor-den."

Am 13. September 1997 wurde der Verein "Erdgastrasse" in Hildburghausen gegründet; seit November vergangenen Jahres hat er seinen Sitz in Regis. Er stellt das Bindeglied der ehemaligen Trassenleute dar.

Vereinssitz seit November in Regis

Der Verein soll der Völkerverständigung und Wirtschaftshilfe mit Rußland, der Aufarbeitung und Bewältigung der DDR-Vergangenheit und der Entwicklung eines Brauchtums dienen, heißt es in seinem Statut.

Vor genau 20 Jahren, im Februar 1982, begannen die Leistungen der DDR beim Jugendobjekt "Erdgastrasse UdSSR". Die Trasse erstreckte sich über das gesamte Gebiet der damaligen UdSSR, und die Frauen und Männer aus der DDR, die am Bau beteiligt waren, knüpften Freundschaften zu den Menschen Rußlands. Der Verein will diese Trassenleute wieder auffinden. Eine Vielzahl ist mit den russischen Familien in Kontakt geblieben oder hat sogar eingeheiratet.

Hilfsfond für Trassenleute geplant

Viele Trassenarbeiter mussten ihre jahrelange Montagetätigkeit in Russland durch den Wegfall der Mauer, der Wiedervereinigung Deutschlands und den dadurch entstandenen wirtschaftlichen Veränderungen aufgeben. Sie gingen zurück in ein völlig verändertes Deutschland und wurden mit ihren Wiedereingliederungsproblemen ziemlich allein gelassen. Auch hier soll der Verein durch Gespräche, Gedankenaustausch und Zusammenkünften Unterstützung geben. Die Errichtung eines Hilfsfonds für Trassenleute mit familiären oder beruflichen Problemen ist deshalb angedacht.

Der Verein hat es sich ferner zur Aufgabe gemacht, soviel wie möglich Material über das ehemalige Jugendobjekt "Erdgastrasse" zusammenzutragen und aufzuarbeiten, unter anderem in Form eines Fotoarchives, um so ein Stück traditionellen Brauchtums in Ostdeutschland zu dokumentieren und zu erhalten.

Kathrin Haase

Der Verein "Erdgastrasse" ist so zu erreichen: Vorsitzende Sigrid Schwirz, An der Kippe 25, 04565 Regis-Breitingen, Telefon 034343/ 9 19 63. Homepage im Internet: www.erdgastrasse-ev.de


zurück zur vorherigen Seite

© Sigrid und Matthias Schwirz, Wolfram Lenk